Zentralvietnam: Vom Hochland zum Meer

26 01 2013

So schwierig unser Start in Vietnam auch war, so grandios ging es weiter. Saigon hatte ja schon ganz unseren Geschmack getroffen, doch während wir dem Frieden dort noch nicht ganz trauten sind wir nun überzeugt: Vietnam ist ein wunderschönes Land mit doch überwiegend freundlichen Menschen!

Mit dem Nachtbus ging es von Saigon nach Da Lat, eine Stadt im Zentralen Hochland Vietnams mit einem geschäftigen Markt und viel Leben auf den Straßen. Seit Laos erwarteten uns das erste Mal wieder kühlere Temperaturen. Wir liehen uns direkt einen Motorroller und machten uns auf zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt und der Umgebung. Besonders beeindruckend fanden wir die Linh-Phuoc-Pagode im Dorf Trai Mat. Dessen Wände, Säulen und Figuren bestehen aus Glas und Porzellan, das zu Mosaiken zusammengesetzt wurde.

DSC00795 Linh-Phuoc-Pagode

Auch der Sommerpalast des ehemaligen vietnamesischen Kaisers Bao Dai lohnte einen Besuch. Hier konnte man sich die gut erhaltenen Räumlichkeiten ansehen und die geschmackvolle Einrichtung bestaunen. Trotzdem – von einem Kaiser hätten wir Prunkvolleres erwartet.
Nicht zu toppen an Kitsch hingegen war der Cam-Ly-Waterfall und das Tal der Liebe. Zu Cowboys verkleidete Vietnamesen mit ihren Ponys, sich küssende Flamingostatuen und andere Scherzereien ließen uns flüchten.

Obwohl uns Da Lat selbst gut gefallen hat sind wir bereits am nächsten Tag wieder aufgebrochen in die Küstenstadt Nha Trang. Oh, was wurde unser Herz leicht als wir am wunderschönen Stadtstrand ankamen, von Palmen gesäumt, das Südchinesische Meer strahlend blau und leicht tobend von der wehenden Brise, umrahmt von Felsen und Bergen! Wir ließen uns direkt in den Sand fallen und waren auch am nächsten Tag nicht vom Fleck zu bewegen.

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Dazu gibt es in der Stadt eine lebendige Restaurant- und Barszene,  ein großes Angebot an Straßenständen und nette Unterkünfte für Backpacker. Wir entdeckten bereits am ersten Tag einen vegetarischen Baguettestand, bei dem das Baguette unter anderem mit drei verschiedenen Sojazubereitungen belegt wurde sowie mit Koriander, Tomaten, verschiedene Saucen und Papaya. Es war so lecker, dass wir bis zu 3x täglich dort aufliefen. Die nette Verkäuferin lächelte uns immer schon von Weitem zu.

An unserem letzten Tag war noch ein bisschen Sightseeing angesagt. Wir spazierten zur Long-Son-Pagode (dachten wir) und bestaunten den Weißen Buddha (taten wir). Hinterher haben wir erfahren, dass wir einen kleinen verzierten Pavillon für diese Pagode gehalten haben, die eigentliche Sehenswürdigkeit aber wirklich aus einem prachtvollen Tempel inmitten einer großen Anlage besteht. Zu unserer Verteidigung: Die Straßenkarte lag im Hotel und Einheimische hatten uns in diese Richtung gewiesen!

Anschließend sind wir in ein kleines Café gegangen, wo wir am Abend zuvor von einer dort arbeitenden Vietnamesin Chinese Chess, chinesisches Schach, beigebracht bekommen hatten. Als Lennart nach dem Regel-Wirr-Warr gegen sie antrat hatte er keine Schnitte. Dafür konnte er zum Leidwesen von Nadine wesentlich schneller die Betonungen der vietnamesischen Sprache umsetzen. Nadines “Toi an chay” (Ich bin Vegetarierin) heißt bei ihrer Betonung leider, sie sei gebratener Reis. 

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Und dann wurde auch schon wieder der nächste Nachtbus genommen: Hoi An ruft! Bisher sind wir in Vietnam mit so vielen Einheimischen in Kontakt gekommen wie in keinem anderen Land. Jedes Mal lernen wir von ihnen etwas Neues, sei es über deren Kultur, Geschichte oder Umgangsformen. Dazu die schönen Städte und Landschaften – Vietnam macht einfach Spaß!

Beste Grüße,

Nadine und Lennart

PS. Die Vietnam-Fotogalerie ist eröffnet! Siehe hier !



Südvietnam: Mekong Delta und Saigon

21 01 2013

Unsere Reise durch Vietnam begann etwas schwierig. Innerhalb von 3 Tagen buchten wir maßlos überteuerte Bustickets, diskutierten mit Hostelmitarbeitern minutenlang um Zimmerpreise, weil sie uns immer wieder falsche Informationen gaben um uns zum Einchecken zu bewegen (am Ende haben wir uns einfach ein anderes Hostel gesucht), buchten eine Bootstour, bei der wir aber nur einen der zwei Programmpunkte ansteuerten und ließen uns von einem Taxifahrer anschreien, den wir darauf hinwiesen, dass der von ihm genannte Preis nicht mit dem Taxameter übereinstimmt (natürlich zu seinen Gunsten). Wir sind genervt und frustriert in Saigon angekommen, doch nun nochmal zurück zum Anfang.

Von Kampot aus brachte uns ein Minibus zur Grenze zwischen Kambodscha und Vietnam. Am Grenzübergang klappte alles problemlos und gegen Mittag waren wir in unserer ersten Station im Mekong Delta: Ha Tien. Das Mekong Delta ist die Bezeichnung für eine Region im Süden Vietnams. Hier fließt der Mekong in Form von kleinen Flussarmen durch die Region und mündet in das Südchinesische Meer. Ha Tien ist die Grenzstadt zu Kambodscha und hatte uns leider nicht so viel zu sagen. Die Stadt machte einen netten Eindruck, doch irgendwie fühlten wir uns dort verloren. Überall gab es große Hotels, aber außer uns haben wir dort keine anderen Touristen gesehen.

Am nächsten Tag ging es also weiter nach Can Tho, wo wir eine Bootstour zu den schwimmenden Märkten und zu den Obstplantagen buchten. Morgens um halb 6 ging es los und wir schipperten in einem kleinen Longtailboot zum Markt. Leider wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der Markt in dem Sinne gar nicht mehr existiert, sondern eher zu einem Güterumschlagsplatz geworden ist. Große Schiffe verladen ihre Früchte, Fische und sonstige Waren auf andere Schiffe. Die richtigen Märkte finden mittlerweile auf dem Land statt, trotzdem gab es noch kleine Longtailboote, die den wenigen Einheimischen und den Touristen ihre Waren anboten. Darunter heißer Kaffee und Nudelsuppe.

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Anschließend fuhren wir zu einer Reisnudel-Fabrik, wo wir gezeigt bekamen wie Reisnudeln hergestellt werden. Reis wird eingeweicht und ausgepresst. Dabei entsteht eine dickflüssige Milch. Diese wird wie ein Crêpe gebacken und getrocknet um anschließend durch eine Nudelwalze in seine Form geschnitten zu werden.

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Die Obstplantage wurde uns dann leider verwehrt, was ein bisschen schade war, denn die Tour hat uns ansonsten gut gefallen. Stattdessen schipperten wir noch 2 Stunden auf dem Fluss lang, durch zugegebenermaßen wunderschöne Landschaft, bevor wir wieder am Bootsanlegesteg ankamen.

Nur 2 Stunden später nahmen wir den Bus nach Saigon, auch Ho Chi Minh Stadt genannt. Dort kamen wir wie gesagt schon etwas frustriert an, besonders Nadine hatte den Tee auf, wie man so schön sagt. Umso schöner ist es da, dass wir zu zweit reisen, dass wir uns aufeinander verlassen können und uns in so schwierigen Situationen gegenseitig aufbauen können. Es ging also noch raus auf die Straße, auf die überfüllte, chaotische, Motorroller-dominierende, laute, bunte Straße mit all den Restaurants und Straßenständen und wären wir nicht noch etwas missmutig gewesen, so hätten wir es geliebt! Unter diesen Umständen betrachteten wir es etwas skeptisch und misstrauisch, erwarteten jeden Moment den nächsten ernüchternden Moment. Dieser blieb jedoch erst einmal aus und auch die nächsten zwei Tage passierte (fast) nichts.

Wir sind durch die Straßen geschlendert, haben uns einige Sehenswürdigkeiten der Stadt angesehen, darunter der Wiedervereinigungspalast und das Notre Dame Saigons, und haben Iced Coffee mit süßer Milch getrunken, unser Standardgetränk hier. Wir haben ein paar Vietnamesen kennengelernt, mit denen wir uns über unsere Kulturen ausgetauscht haben – total spannend! Wir saßen in Parks, gingen durch unsere ersten modernen Shoppingmalls seit Dubai (selbst Bangkok war dagegen schäbig) und lernten wie man bei diesem Ausnahmeverkehr über die Straße geht.DSC00705

So sind wir jetzt richtig in Vietnam angekommen – wieder mit einem guten Gefühl, wieder optimistisch und motiviert und wir freuen uns auf die nächsten 2 Wochen, die uns hier noch bleiben. Generell merkt man, dass hier ein ganz anderer Wind weht als in Laos oder Kambodscha. Das Land ist weiter entwickelt und die Menschen leben nicht in solch einer Armut und Bescheidenheit wie die Kambodschaner. Vietnam ist auch nicht auf den Buddhismus festgelegt und so findet man hier nicht nur stetiges Lächeln und Höflichkeit sondern auch lautes Gemecker und böse Blicke.
Wir sind gespannt was auf uns noch zukommt!

Liebe Grüße ans verschneite Deutschland,

Lennart und Nadine



Sonne, Strand und Meer und Müll

16 01 2013

Endlich sollte es also ans Meer gehen. Nach 2 Monaten Südostasien wurde es höchste Zeit einen der Traumstrände zu besuchen von denen hier die Rede ist. Wir machten uns also auf mit dem Bus nach Sihanoukville an der Südküste Kambodschas und suchten unser Guesthouse am Otres Beach auf, ein ruhiger Strand, kein Vergleich zu den anderen Partystränden in Sihanoukville.

Beim Guesthouse angekommen erst einmal die Ernüchterung: ein winzig kleiner Holzschlag, ausgestattet mit lediglich einer Matratze, dreckiger Bettwäsche und einem Ventilator. Toilette und Dusche wurde geteilt. Es erklärt sich von selbst, dass wir uns am nächsten Tag direkt auf die Suche nach einem neuen Guesthouse gemacht haben.

Der Strand hingegen stellte sich als wirklich sehr schön heraus. Ein Kilometer langer Sandstrand mit schönem, kühlen Wasser, das während dem stundenlangem Brutzeln in der Sonne immer wieder eine nette Abwechslung bot. Überall gab es kleine Strandrestaurants und Einheimische spazierten mit frischen Früchten über den Strand.

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Wer möchte konnte sich massieren lassen oder sich einer Pediküre unterziehen, Angebote bekommt man am laufenden Band, darunter auch Sonnenbrillen und Bootstouren. Ja, das kann auch mal anstrengend werden und auch sehr unhöflich wenn mal wieder behauptet wird, dass die Beine eine Rasur benötigen. 😉

So lagen wir 2einhalb Tage am Strand, sind zwischendurch immer mal wieder in den Restaurants verschwunden und abends haben wir im Blame Canada ein Bierchen getrunken und Billiard gespielt. Dort arbeiteten eine Dänin, zwei Schweden und eine Waliserin, mit denen wir uns gut unterhalten haben. Am Samstag abend waren wir auf dem Otres Market, ein kleiner gemütlicher Markt mit Live-Musik und Essensständen. Alles war etwas alternativ und leider waren wir etwas zu früh da um die ganze Atmosphäre am späten Abend noch mitzukriegen und so genossen wir wieder den Sonnenuntergang zurück am Strand und gönnten uns eine Pizza bei Papa Pippo – ein Italiener direkt am Strand mit legendärer Pizza. Wir schwärmen noch jetzt davon! Dünner Teig mit frischen Kirschtomaten, schwarzen Oliven und großen, grünen Basilikumblättern, die uns an zuhause denken lassen. Ein Gedicht!

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So ließ es sich leben, doch auch wenn das Strandleben gefiel, so war das Drumherum irgendwie mittelprächtig. Höhere Preise bei minderer Qualität – sowohl beim Essen als auch bei Unterkünften, die ‘Hauptstraße’ (die einzige Straße, die am Strand vorbeiführt) ist komplett zugemüllt. Das Müllproblem in Kambodscha und Laos ist wirklich traurig. Wo sie gehen und stehen wird abgeladen was nicht mehr gebraucht wird. Zu oft sieht man Einheimische wie sie ihren Müll einfach in die Felder, in Flüsse oder an Straßenränder werfen und so ihre Natur verschmutzen. Da möchte man sie doch manchmal schütteln…

Stattdessen packten wir unsere Rucksäcke und fuhren in die nahe gelegene Kleinstadt Kampot, ein gemütliches Städtchen am Fluss gelegen mit französischen Kolonialbauten, tollen Guesthouses und einer lebhaften Restaurant- und Barszene. Der hier angebaute Pfeffer gilt als einer der Besten weltweit.

Wir unternahmen eine Tagestour mit dem Motorroller und fuhren zu einer der vielen Pfefferplantagen. Dort führte uns ein Kambodschaner über die Plantage, erklärte uns einige Prozesse bezüglich des Anbaus und der Ernte und wie die unterschiedlichen Pfeffersorten (roter, schwarzer und weißer Pfeffer) zustande kommen.

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Danach ging es in die Küstenstadt Kep, bekannt für seinen Krabbenmarkt und den guten Restaurants, in denen frische Krebse mit Kampot-Pfeffer angeboten werden. So stand es dann auch auf unserem Tagesplan, doch nachdem wir erst dem Städtchen nichts Positives abgewinnen konnten, wirkte auch der crab market eher wie ein crap market. Zu guter Letzt waren vor den Restaurants Becken mit den Krebsen ausgestellt und der Anblick der armen Tierchen hat uns dann endgültig den Appetit verdorben. Zurück ging es also mit dem Roller durch die schöne Landschaft. In Kambodscha haben wir zwar nicht ganz so viel von der Natur gesehen, doch hier im Süden scheint uns die Landschaft am reizvollsten. Das Gras ist grüner, überall sind kleine Gewässer und in der Ferne zeichnen sich Hügel und Berge ab. Nur das Müllproblem… das bleibt!

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So haben wir unsere letzten Tage in Kambodscha in Kampot verbracht. Bei Captain Chim gibt es einfach die leckersten Fischgerichte, täglich frisch gefangen. Darunter ein köstliches Seafood-Amok (Fisch in Kokosnusscurry) und Fish and Chips, das die britische Version alt aussehen lässt. Lennart musste wegen Ohrenschmerzen noch einmal zum Arzt – er hatte seit dem Strandaufenthalt in Sihanoukville Probleme damit. Er fragte bei Captain Chim nach dem Weg und wurde gleich vom Captain persönlich mit dem Moto hingebracht. Alles war halb so wild – lediglich eine Ohrreinigung war fällig. Zum Dank an Chim gabs dann beim nächsten Essen ein kleines Trinkgeld. 🙂 Am letzten Abend hat sich die junge Kellnerin bei uns bedankt, dass wir so oft dort zum Essen gekommen sind. Vielleicht fanden wir auch deswegen anschließend 13! Garnelen in unserem Curry.

Morgen früh verlassen wir Kambodscha und reisen nach Vietnam ein. Wir sind etwas aufgeregt, da die Meinungen über dieses Land weit auseinandergehen und lassen uns den Rückflug erst noch offen. Über Kambodscha hingegen können wir nur schwärmen. Für uns hält es die optimale Balance zwischen der Ursprünglichkeit Asiens und dem Komfort des Tourismus. Wir durften tief eintauchen in die Kultur und Architektur der Khmer in Siem Reap, in die Geschichte Kambodschas in Phnom Penh und in tiefblaues Wasser in Sihanoukville. In Kampot erlebten wir noch einmal den Alltag der Kambodschaner und im ganzen Land wurden wir stets mit einem Lächeln empfangen.

Also Kambodscha, danke für die schöne Zeit!

Lennart und Nadine

PS. Die komplette Fotogalerie von Kambodscha findet ihr nun hier.



Von Freud und Leid

9 01 2013

Unsere nächste Station war Battambang, eine Stadt im Nordwesten Kambodschas. Die Stadt ist zwar größer als Siem Reap, doch wirkt sie wesentlich ruhiger und birgt auch nicht so viele Anziehungspunkte. Von Battambang aus gibt es eine Eisenbahnstrecke zur Hauptstadt Kambodschas, Phnom Penh. Der alte, sehr langsame Zug fährt diese Strecke jedoch nur 1x die Woche, sodass die Einwohner der umliegenden Dörfer erfinderisch wurden um ihre Waren zu transportieren und den Bambuszug erfanden. Dieser besteht einfach aus zusammengezimmerten Bambusstäben, die auf zwei Eisenbahnachsen aufgelegt werden. Das Ganze wird angetrieben durch einen kleinen Motor – und fertig ist die Zugkonstruktion.
Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und haben gleich eine kleine Fahrt damit unternommen, mitten hinein in die Touristenfalle von Frauen und Kindern, die einem mit breitem Lächeln Schals und Getränke verkaufen wollten. Aber das kennen wir ja schon! Die Fahrt selber war wirklich mal etwas Anderes. Schneller als erwartet, ein bisschen Achterbahn-Feeling und wenn einem ein anderer Bambuszug auf der einspurigen Strecke entgegenkam wurde der Zug abgebaut und nach dem Passieren des anderes Gefährts wieder auf die Gleise aufgelegt. Genial!

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Am nächsten Tag ging es dann schon weiter nach Phnom Penh, wie gesagt die Hauptstadt von Kambodscha und eine sehr chaotische noch dazu. Hier wollten / konnten / mussten wir uns mit der jüngsten Geschichte des Landes auseinandersetzen, eine Geschichte, die uns schon bei den Reisevorbereitungen vor einigen Monaten entsetzt hat.

Im April 1975 kam eine Guerillabewegung, namentlich die Roten Khmer, unter dem Anführer Pol Pot in Kambodscha an die Macht. Die Khmer sind die mehrheitliche Ethnie in Kambodscha, die Farbe Rot steht für den Kommunismus. Die folgenden 3 Jahre, 8 Monate und 20 Tage lebten die Kambodschaner unter einer Schreckensherrschaft mit furchtbaren Ausmaßen. Die Roten Khmer wollten einen sozialistischen Bauernstaat einführen – sie vertrieben innerhalb von 3 Tagen alle Menschen aus den Städten und zwangen sie als Bauern auf den Feldern zu arbeiten. Als Sklaven arbeiteten sie 12 Stunden lang ohne Pause, mit nur wenig Reissuppe zu essen und unter der ständigen Angst von Bestrafung. Familien wurden auseinander gerissen, es gab keine Medizin und VIELE Menschen starben an Hunger, Krankheiten, körperlicher Überlastung oder durch die Hände ihrer Peiniger.
Jegliche individuellen Rechte wurden abgeschafft sowie Geld als Zahlungsmittel, Religion wurde verboten, Schulen und Krankenhäuser wurden geschlossen und alles was mit Bildung zu tun hatte wurde zerstört. Intellektuelle (u.a. Lehrer, Juristen, Ärzte)  wurden systematisch ausgerottet, es reichte schon eine Fremdsprache zu sprechen oder eine Brille zu tragen. Es wurde gewissermaßen eine “Hand-Regel” eingesetzt. Waren die Hände zu weich und zart, so wurde davon ausgegangen, dass diese Personen keinerlei Felderfahrung haben, zwangsläufig also entweder studiert oder sonstig gebildet sind. Sie wurden gefoltert, getötet und in Massengräbern verscharrt. Um kostbare Munition zu sparen wurden sie nicht erschossen, sondern  erschlagen oder erstochen, mit allem was gerade greifbar war. Eine der Parolen, unter der die Roten Khmer handelten, lautet: “Lieber einen Unschuldigen versehentlich hinrichten, als einen Schuldigen versehentlich zu verschonen.”  Eine weitere Parole wendet sich direkt an die Opfer und verdeutlicht, dass dem Regime die Menschenleben rein nichts bedeuteten: “Dich zu behalten ist kein Gewinn – Dich zu verlieren ist kein Verlust.”
Als Vietnam im Januar 1979 einschritt und das Land von den Roten Khmer befreite, waren dem Schreckensregime bereits über 2 Millionen Menschen zum Opfer gefallen, das waren mehr als 1/4 der gesamten Bevölkerung.

Nun möge man denken, dass das Bestehen der Roten Khmer hier ein Ende hatte. Tatsächlich bestand die Partei aber noch bis 1998 weiter. Unterstützt wurden sie unglaublicherweise von westlichen Ländern wie den USA, Frankreich, England und Deutschland, die die Roten Khmer weiterhin anerkannten und ihnen sogar einen Sitz in den Vereinten Nationen sicherten. Der Grund: Die westlichen Länder wollten die vietnamesische Besatzung in Kambodscha nicht anerkennen, da sie Vietnam als kommunistisches Land verachteten. So sollen sie die Roten Khmer sogar noch mit Waffen unterstützt haben, im Kampf gegen die vietnamesische Besatzung, die den Kambodschanern die lang ersehnte Befreiung brachten.

Heute erinnern zwei Mahnmale in Phnom Penh an diese Zeit. Das damalige Foltergefängnis S-21dient heute als Museum, das Tuol-Sleng-Museum. Hier sind Fotografien der Opfer ausgestellt, man bekommt Einblick in die Räumlichkeiten, in die kleinen Zellen und auch in die grausamen Foltermethoden.
Das zweite Mahnmal sind die Killing Fields. Wie der Name schon sagt wurden hier die Menschen zur Exekution hingebracht. Die Meisten kamen direkt aus dem S-21. Heute kann man hier unter anderem die Wölbungen der Massengräber und die benutzen Waffen sehen. Der Audioguide führt einen ca. 1,5h über das Gelände. Zum Gedenken an die Opfer wurde eine Gedenkstupa errichtet, mit ausgegrabenen Schädeln, Knochen und Kleidern.

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Der Tag war sehr anstrengend und bedrückend und wir bewundern nun um so mehr die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Kambodschaner, in einem Maß, das uns bisher in keinem anderen Land begegnete. Die Armut hier führt zwar auch zu Korruption und zu ganz eigenem Geschäftsgebaren, doch bisher haben wir keine negativen Erlebnisse gehabt, die sich nachhaltig auf unseren Eindruck auswirken werden. Warten wir ab, ob es in der nächsten und letzten Woche dabei bleiben wird!

Aufgrund der beiden Mahnmale war der Besuch der Hauptstadt Kambodschas ein Muss, die Stadt selbst hat uns aber nicht umgehauen. Alles ist etwas chaotisch, teilweise sehr dreckig und die Restaurantszene konnte uns auch nicht so überzeugen. Dafür waren wir wieder 2x im Kino – erst in der Musicalverfilmung Les Misérables, dann in The Hobbit. Dieses Mal war es aber ein richtiger Kinosaal und es gab leckeres Popcorn. Unser Durst nach Kinoabenden ist somit erst einmal gestillt.
Morgen geht es an die Südküste und zum ersten Mal während unserer Reise werden wir das Meer sehen. Es wird Zeit!

Bis dahin,

Nadine und Lennart



Siem Reap und die Tempel von Angkor

5 01 2013

Unsere Reise durch Kambodscha wollten wir in Siem Reap beginnen. Um eine 16-19stündige Fahrt von den Inseln nach Siem Reap zu umgehen, haben wir einen kurzen Stopp in Kratie eingelegt, eine Kleinstadt nordöstlich in Kambodscha. Schon hier war alles anders als in Laos. “Tuk Tuk? Tuk Tuk?” schallt es aus jeder Ecke, es gibt geschäftige Märkte, waghalsigen Verkehr auf den Straßen, kleine Straßenstände an jeder Ecke und redselige, gut Englisch sprechende Khmer. Erst hier haben wir bemerkt, wie ruhig es in Laos wirklich war und wir fühlten uns, als würden wir aus einem Tiefschlaf erwachen. Wir haben uns sofort wohl gefühlt.

An nächsten Tag kamen wir erst gegen Abend in Siem Reap ein. Unser Hostel war eher eine Bruchbude und so zogen wir am nächsten Morgen direkt ins tolle Red Lodge Guesthouse um. Hier verbrachten wir die nächsten 6(!) Nächte, Siem Reap hatte einfach alles zu bieten wonach unser Herz begehrte: eine tolle Restaurantszene, viel Leben auf den Straßen ud viele Aktivitäten.

Wir kauften uns ein 3-Tages-Ticket für die Tempel von Angkor und haben uns direkt am ersten Tag mit einem Tuk Tuk auf den Weg gemacht. Besichtigt haben wir die Roluos Gruppe, die Anfänge der Khmer-Architektur, und 5 andere Tempel, darunter der Pre Rup.

DSC09706 Pre Rup
Am zweiten Tag ließen wir uns morgens um 5 vom Tuk Tuk Fahrer zum Angkor Wat fahren: Massenveranstaltung Sonnenaufgang war angesagt. Wir konnten uns einen Platz vorne ergattern, wo wir uns so unausgeschlafen hervorragend über den wolkenverhangenen Himmel beschweren konnten. Glücklicherweise verfärbte sich der Himmel irgendwann doch noch wunderschön rosa und entschädigte uns fürs lange Warten.

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Nach einem Kaffee zur Stärkung ging es weiter zu fünf anderen Tempeln, darunter der Ta Prohm, wo Tomb Raider gedreht wurde. Anschließend wurden wir zum Banteay Srei gefahren, ein Tempel außerhalb von Siem Reap, der eine der schönsten Schnitzereien weltweit aufweist. Generell sind die Tempel von Angkor einfach wahnsinnig beeindruckend. Die Steine wurden die 8km von Siem Reap auf dem Flussboot transportiert und jeder Stein weist seine eigenen kleinen Details auf. Hier kann man nur noch staunen!

Nach diesen zwei Tagen waren wir aber wirklich schachmatt und haben uns im Guesthouse en wenig ausgeruht, um um Mitternacht noch die Augen aufhalten zu können – es war nämlich Silvester. Wir sind in ein kleines Restaurant in der Pub Street gegangen mit ohrenbetäubend lauter Musik und Nadine hat ihre heiß ersehnte Pizza bekommen, Lennart klammerte sich an seinen Cheeseburger. Auf der Straße wurde es währenddessen voller und voller und als wir uns auf die Suche nach einer anderen Kneipe machten war es bereits eine Kunst sich durch die Menge zu schieben. Überall standen kleine Stände, die Alkoholgetränke verkauften, die Musik dröhnte aus den unzähligen Lokalen und die Menschen (überwiegend natürlich Touris) tanzten auf der Straße. Wir saßen gemeinsam mit anderen Gästen an einem Tisch direkt an einem Bierstand, wo wir alles aus sicherer Entfernung beobachten konnten und trotzdem mittendrin waren.

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Die nächsten beiden Tage haben wir uns erst einmal eine Tempel-Pause gegönnt und viel in der Stadt unternommen. Wir haben die Stadt zu Fuß und mit dem Fahrrad erkundet, sind über den Markt geschlendert, haben eine Dr. Fish Massage über uns ergehen lassen. Hier steckt man seine Füße in ein kleines Becken voller kleiner Fische, die nur so darauf warten deine Hornhaut abzuknabbern – das konnte ganz schön kitzeln. Abends sind wir ins ‘Kino’ gegangen, in den Film Pitch Perfect. Man konnte sich zu zweit einen Raum mieten mit großem Sofa und Leinwand, wo man dann einen Film aus deren Auswahl anschaute.

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Wir haben auch wieder einen Kochkurs belegt, in dem wir die traditionelle Khmer-Küche kennengelernt haben. Lennart hatte sich für den Banana Flower Salad entschieden sowie für Lok Lak Chicken – mariniertes Hühnchen auf Salat. Nadine hat Green Mango Salad zubereitet und den Amok Fish. Wir waren eine richtig nette Gruppe von 8 Leuten und unsere Kochlehrerin war klasse! Alles lief ganz anders als in Thailand ab, aber es hat super viel Spaß gemacht. Gegessen wurde in einem kleinen Restaurant und es gab kein fixes Ende, sodass wir alle noch eine ganze Zeit lang zusammensaßen und frische Früchte probierten, dessen Namen wir jetzt schon wieder vergessen haben.

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Am fünften Tag wurde es Zeit für die zwei verbleibenden Tempel, Angkor Wat und Angkor Thom, die Highlights aller Tempel. Die Distanz zwischen den Tempeln ist nicht groß und so haben wir uns mit Fahrrädern auf den Weg gemacht. Wir waren wieder richtig aufnahmebereit für all die kleinen Details, die in die Mauern eingearbeitet sind und haben mehrere Stunden in diesen zwei Tempeln verbracht.

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Siem Reaps tolle Atmosphäre hat uns dann dazu bewogen noch einen Tag länger zu bleiben. Einige Hotels bieten hier Nicht-Gästen die Möglichkeit ihren Pool zu nutzen und so landeten wir im River Garden, wo man gegen Nutzung der Bar / des Restaurants kostenlos den Pool nutzen darf. Wir haben also den ganzen Tag faul auf unserer Liege gelegen, haben uns zwischendurch im Wasser abgekühlt, gelesen, Musik gehört und unsere Getränke geschlürft. Abends ging es dann nochmal ins Kino um James Bond – Skyfall zu sehen und nun machen wir uns auf und schauen, wie es in anderen Teilen des Landes zugeht.

Liebe Grüße nach Deutschland,

Nadine und Lennart

Die ersten Bilder aus Siem Reap findet ihr hier